Was wäre Bogenschießen ohne Pfeile? Richtig – nur ein gebogener Stock mit Schnur und eine ziemlich fade Angelegenheit. Aber Spaß beiseite…
Pfeile braucht natürlich jeder von uns Bogenschützen, aber ist es wirklich so wichtig den Pfeil perfekt abzustimmen oder ist es nicht eher so, dass mehr oder weniger jeder Pfeil auf jedem Bogen funktioniert? Kommt es vielleicht eher auf eine saubere Schießtechnik, als auf den richtigen Pfeil an? Unsere Überlegungen zu diesen Fragen rund um das Thema „Pfeile“ und ein paar grundlegende Fakten zu Pfeilen für den Bereich des Traditionellen Bogenschießens, erfährst du in diesem Artikel. Er ist Teil 1 von 3 Artikeln zum Thema Pfeilbau und -tuning. Die beiden weiteren Artikel haben wir dir am Ende des Beitrags verlinkt.
Warum wir grundsätzlich Pfeile abstimmen müssen
Wenn wir unsere Pfeile betrachten, dann stellen wir fest, dass sie schnurgerade und robust sind. Und genau so gerade müssen sie ja dann auch aus dem Bogen heraus auf das vor ihnen liegende Ziel zufliegen, oder?
Leider weit gefehlt! Der Begriff, der in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird, ist der des sogenannten Archer’s Paradox. Jedoch sollte man hier vor allem ein Augenmerk auf das Verhalten des Pfeils legen und weniger auf das Paradoxon an sich.
Der Pfeil windet sich nämlich u.a. durch die Beschleunigung, die er über die Sehne beim Abschuss erfährt, immer in einer Schlanenlinienform um das Bogengriffstück herum. Der Grund für dieses Verhalten ist zum einen seine Lage im Verhältnis zur horizontalen Mitte des Bogens, das seitliche Lösen durch die Finger und die Masseträgheit der Spitze.
Der Pfeil wird also im Moment der Beschleunigung durch die Sehne „gestaucht“, biegt sich zuerst mit seinem Bauch zum Bogen hin bzw. mit Nocke und Spitze vom Bogen weg und federt anschließend regelrecht zurück. Während der ersten Meter des Fluges nimmt die Intensität dieser wellenförmigen Bewegung dann langsam ab, der Pfeil stabilisiert sich immer mehr und fliegt schließlich annähernd schnurgerade auf sein Ziel zu. So zumindest im Idealfall.
Wie sich ein Pfeil beim Abschuss aber nun verhält und ob er ohne Kontakt zum Bogenfenster oder ohne zu starke seitliche Ablenkung um das Bogengriffstück herum kommt, hängt vor allem davon ab, wie stark er sich im Moment des Abschusses durchbiegt.
Man könnte jetzt denken, „darauf habe ich doch keinen Einfluss, denn jeder Pfeil ist doch gleich!“. Aber auch das ist ein Irrglaube.
Abhängig ist das Verhalten des Pfeils hauptsächlich von den nachfolgenden drei Kenngrößen, die wir bei unserer Pfeilkonfiguration beeinflussen können:
- die Steifheit des Schafts (statischer Spinewert) durch die Wahl des richtigen Schafts
- die Länge des Pfeils
- das Gewicht der Pfeilspitze
Da jeder Bogen anders ist und auch jeder Schütze individuell einen anderen Auszug, ein anderes Zuggewicht auf den Fingern hat und damit immer eine andere Beschleunigung auf den Pfeil wirkt, können wir eines festhalten:
Es gibt nicht den einen passenden Pfeil für dieses oder jenes Zuggewicht oder Bogen. Vielmehr müssen die Faktoren Schütze und Material genau zueinander passen, um ein optimales Verlassen des Bogens und einen ruhigen Flug des Pfeiles zu bewirken.
Was ist nun aber wichtiger – Training oder Tuning?
Oder anders gefragt, lohnt es sich überhaupt auf den richtigen Pfeil zu achten, wenn hier und da noch Fehler im Schussablauf auftreten?
Richtig, die größte Fehlerquelle beim Bogenschießen ist ohne jeden Zweifel der Mensch, also der Schütze selbst. Ganz einfach, weil er, anders als das Material (Bogen und Pfeil) über die Zeit nie exakt gleich funktioniert. Daher ist regelmäßiges Training (Schieß- und Zieltechniktraining) auch so wichtig, um diese Fehlerquelle möglichst klein zu halten.
Wenn jedoch das Material nicht passt, kann der Mensch so gut sein wie er will. Er wird niemals konstant treffen können, weil der Pfeil nicht sauber aus dem Bogen kommt und im Flug alles macht, aber er nicht „wie an der Schnur gezogen“ fliegt.
Sobald jedoch sowohl Bogen, als auch Pfeil einmal zum Schützen passend „eingestellt“ sind, ist die Fehlerquelle Material abgestellt. Auch bei Anfängern lohnt es sich daher das Material (Bogen und Pfeile) so gut wie möglich abzustimmen.
Der Bogen wird über das Bogentuning (Standhöhe, Nockpunkthöhe) und der Pfeil – wie schon oben beschrieben – über die Wahl des richtigen Spinewertes, Länge, Spitzengewicht, usw. passend zum Schützen „eingestellt“.
Bevor wir uns nun aber der Frage »Wie finde ich den passenden Pfeil?« und dem Themenfeld des Pfeiltunings widmen können, müssen wir uns zunächst einmal ansehen, wie ein Pfeil aufgebaut ist und aus welche einzelnen Komponenten er bestehen kann.
Der Aufbau und die Teile eines Pfeils
Ein Pfeil besteht aus folgenden Komponenten: Pfeilschaft, Nocke, Cresting/Wrap, Befiederung, Tracer, Protector-Ring, Insert und Spitze. (siehe Abbildung)
Der Pfeilschaft
Den Hauptteil des Pfeils bildet der Pfeilschaft, der auch die Länge des Pfeils bestimmt. Es gibt grundsätzlich fünf Sorten von Pfeilschäften, die im Bogenschießen eingesetzt werden können.
Im Einzelnen werden folgende fünf Schaftsorten verwendet:
- Holzschäfte
- Aluminiumschäfte
- Carbonschäfte
- Alu-/Carbonschäfte
- Fiberglasschäfte
Im Traditionellen Bogenschießen werden aufgrund der doch ab und zu vorkommenden Fehlschüsse und harte Treffer (z.B. Steine) im Allgemeinen keine Aluminiumschäfte oder Alu-/Carbonschäfte eingesetzt, obwohl diese als die geradesten und präzisesten Pfeile gelten. Der Grund dafür ist, dass sich diese beim Auftreffen auf harte Objekte sehr schnell verbiegen und dann kein sauberer Pfeilflug mehr möglich ist. Auch auf den Einsatz von den in der Regel attraktiv günstigen Fiberglasschäften, solltest du eher verzichten. Diese sind äußerst anfällig für Brüche und fasern bei Schäden sehr stark auf. Hier besteht eine hohe Verletzungsgefahr.
Durchgesetzt haben sich im Traditionellen Bogenschießen Holzschäfte und Carbonschäfte. Holzschäfte sind alleine aufgrund von Einsatz des Naturmaterials Holz gerade auch bei Primitiv- und Langbogenschützen sehr beliebt und müssen bei Turnieren und Meisterschaften in diesen Bogenklassen auch teilweise verpflichtend geschossen werden.
Holzschäfte werden in drei verschiedenen Durchmessern angeboten, das sind 5/16, 11/32 und 23/64. Außerdem kann man hier auch zwischen verschiedenen Holzsorte wählen. Am gängigsten sind Fichtenholzschäfte und Zedernschäfte. Es gibt aber auch Schäfte aus Kiefernholz und anderen Nadelholzsorten. Der Hauptunterschied ist hierbei das Schaftgewicht, da diese Sorten unterschiedliche spezifische Gewichte haben.
Zusätzlich zu Durchmesser und Gewicht kann man auch den sogenannten Spinewert des Schaftes wählen. Dieser ist eine Angabe für die Steifigkeit des Schafts. Holzschäfte werden in Spinewerten von 20 bis etwa 75 Pfund (lb.) angeboten, meist unterteilt in 5er-Gruppen, wie z.B. 40-45 oder 50-55.
Grundsätzlich gilt dabei: Je mehr Zuggewicht du auf den Fingern hast, desto höher muss der Spinewert in Pfund deines Holzschaftes sein! Der Holzschaft wurde früher mit allen Bogensorten verwendet, wurde dann aber in den 60er und 70er Jahren nach und nach von anderen Schaftarten verdrängt.
Holzschäfte sind in der Regel sehr günstig, aber auch sehr anfällig für Brüche, vertragen Feuchtigkeit nicht gut und werden bei falscher Lagerung schnell krumm.
Die moderne Alternative insbesondere für das 3D-Schießen ist der Carbonschaft. Er wird heutzutage vermutlich von den meisten traditionellen Bogenschützen verwendet, da er günstig, unanfällig für Feuchtigkeit und andere äußere Einflüsse, extrem robust und im Pfeilbau einfach zu verarbeiten ist. Außerdem können neben schweren und sehr steifen Schäften auch sehr leichte Carbonschäfte mit ausreichender Stabilität hergestellt werden, was insbesondere für die Verwendung bei Einsteigern oder Kindern interessant ist.
Carbonschäfte werden von diversen Herstellern und Marken angeboten und unterscheiden sich insbesondere im Spinewert (Steifigkeit), dem Außen-/Innendurchmesser, dem spezifischen Gewicht und ihrer Optik voneinander.
Der Spinewert wird bei Carbonschäften – anders als bei Holzschäften – nicht in Pfund (lb.) angegeben, sondern in tausendstel Zoll. Also zum Beispiel Spine 500 (=0.500 Zoll). Sie werden in der Regel in Spinewerten von ca. 1600 bis etwa 300 angeboten, wobei die Unterteilung meist 100er-weise erfolgt. Beim Carbonschaft gilt: Je stärker dein Zuggewicht auf den Fingern, desto niedriger muss der in tausendstel Zoll angegebene Spinewert des Carbonschafts sein. Manche Carbonschafthersteller, z.B. GoldTip oder Carbon Express verwenden Modellnummernsysteme (z.B. 1535, 3555, 75 oder 90) anstatt den Spinewert auf den Schaft zu schreiben. Diese dürfen jedoch nicht mit dem Spinewert in Pfund oder tausendstel Zoll verwechselt werden. Hier sollte man also genauer hinsehen und im Zweifel den Fachhändler fragen.
Die Befiederung
Jeder Pfeil wird zur Stabilisierung im Flug mit einer Befiederung am hinteren Pfeilende versehen. Diese bringen den Pfeil zum einen zum Rotieren und bremsen gleichzeitig das Heck des Pfeils ab, um einen sauberen Geradeausflug zu gewährleisten. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Arten von Befiederungen:
-
Befiederung mit Naturfedern
-
Befiederung mit Kunststofffedern (auch genannt Fletch oder Fletches)
Eine Befiederung mit Kunststofffedern wird meist bei Sportbögen verwendet und ist im traditionellen Bogenschießen kaum anzutreffen. Grund dafür ist, dass im Traditionellen Bogenschießen in den meisten Fällen vom Shelf und nicht von einer Pfeilauflage geschossen wird.
Anders als die Naturfeder ist die Kunststofffeder nämlich nicht beweglich und kann bei Kontakt zum Bogenfenster oder Shelf nicht zur Seite weichen. Die Folge eines solchen harten Kontakts ist ein unsauberer Pfeilflug.
Daher sollten auf traditionellen Bögen Pfeile mit Naturfedern geschossen werden. Dabei handelt es sich in der Regel um Flügelfedern vom Truthahn, die in verschiedenen Farben, Formen, Längen und als rechtsgewundene/linksgewundene Federn angeboten werden. Gängig sind 4 und 5 Zoll lange Federn in der Form Shield oder Parabol. Bei den Farben wählen instinktive Bogenschützen gerne auffällige Farben, um den Flug des Pfeiles besser sehen zu können. Wichtig ist, dass alle auf dem Pfeil angebrachten Federn entweder rechts- oder linksgewundene Federn sind und diese nicht gemischt werden.
Auf den meisten Pfeilen werden drei Federn in einem Winkel von 120° zueinander angebracht. Manche Schützen bringen die Federn auch gewunden auf den Pfeil auf, d.h. die Federn werden leicht verdreht auf den Schaft aufgeklebt, um eine stärkere Rotation des Schafts zu erreichen. Bei kürzeren Federn mag das Vorteile bringen, bei längeren führt es unserer Erfahrung nach eher nur zu einem Geschwindigkeitsverlust des Pfeils.
Es gibt auch Sonderformen der Befiederung, wie zum Beispiel der sog. Flu-Flu-Pfeil mit sechs oder acht sehr hohen Federn oder spiralförmig aufgeklebter Feder. Diese sind für kurze Entfernungen oder Ziele in der Luft gedacht, da diese Befiederung den Pfeil sehr stark abbremst.
Die Nocke des Pfeils
Sowohl Holz- als auch Carbonschäfte werden heutzutage meist mit Kunststoffnocken versehen. Diese sind so gefertigt, dass sie in die Sehne einrasten können und die Pfeile dadurch beim Auszug nicht mit den Fingern geklemmt werden müssen. Kunststoffnocken werden in Carbonpfeile einfach hinten eingesteckt und halten ohne Klebstoff von selbst. Bei Holzschäften müssen Sie aufgeklebt werden. Kunststoffnocken gibt es in unterschiedlichen Farben und auch Durchmessern, eben passend zum jeweiligen Schaft.
Neben Kunststoffnocken gibt es bei Holzschäften aber auch noch die Option sogenannte Selfnocks zu verwenden. In den Holzschaft wird dann einfach eine Kerbe geschnitten, wo die Sehne ansetzen kann.
Die Pfeilspitze
Am vorderen Ende des Pfeils wird die sogenannte Pfeilspitze angebracht. Es gibt sowohl unterschiedliche Formen, Größen und Gewichte von Spitzen, als auch unterschiedliche Arten der Anbringung.
Die Größe der Spitze ist abhängig von Durchmesser des Pfeils. So gibt es zum Beispiel bei Holzschäften Spitzen in 5/16 oder auch 11/32 Zoll Durchmesser.
Bei den Formen kann man zwischen Feld-, 3D- und Bullet-Spitzen wählen. Für den Einsatz auf dem Parcours eignen sich am besten 3D- und Feldspitzen, da diese aufgrund ihrer Form weniger Abpraller bei „Randtreffern“ auf 3D-Tieren hervorrufen.
Die unterschiedlichen Gewichte der Spitzen dienen dem Tuning, also der Feinabstimmung des Pfeils. Wie bereits oben erwähnt, muss der Pfeil ja zu Bogen und zum Schützen passen. Das Spitzengewicht ist eine der möglichen Stellschrauben, um den Pfeil anzupassen.
Die Anbringung der Spitze erfolgt bei Holzschäften je nach Spitzen-Hersteller entweder durch Aufkleben oder Aufschrauben auf den Holzschaft. Beim Carbonschaft gibt es die Möglichkeit des direkten Einklebens der Spitze in den Schaft oder das vorherige Einkleben eines Inserts und danach die Option eine beliebige Spitze in das Insert einschrauben zu können. Direkt eingeklebt wird die Spitze in der Regel nur bei Carbonschäften mit geringem Innendurchmesser, da hier kein Insert verwendet werden kann. Bei allen anderen Carbonschäften empfehlen wir immer die Verwendung eines Inserts, weil der Tausch einer Krummen oder stumpfen Spitze hier einfacher zu bewerkstelligen ist.
Cresting und Wrap
Ein Cresting (Bemalung des Pfeils vor den Federn) oder die Verwendung eines Wraps (bedruckte Folie zum Aufkleben) wird in der Regel sowohl zur optischen Verschönerung des Pfeils eingesetzt, als auch damit der Pfeil im Flug oder bei einem Fehlschuss im Gras besser gesehen wird.
Die Anbringung eines Wraps ist nur vor dem Aufkleben der Federn möglich, ein Cresting dagegen kann auch nachträglich angebracht werden. Ein Wrap bietet zusätzlich zur besseren Sichtbarkeit des Pfeils noch den Vorteil, dass der Tausch verschlissener Federn sehr einfach und schnell durch Abziehen des Wraps von statten geht.
Tracer
Sehr selten eingesetzt, aber für instinktive Bogenschützen nicht uninteressant sind sogenannte Tracer. Dabei handelt es sich um dünne Flaumfedern, die am hinteren Ende des Pfeils zwischen Nocke und Befiederung angebracht werden können. Diese dienen – wie auch ein Wrap oder eine auffällige Nocke – der besseren Sichtbarkeit des Pfeils im Flug und im Ziel und geben dem instinktiven Bogenschützen eine deutlichere Rückmeldung über den Pfeilflug und die Trefferlage.
Kauf von Komponenten oder fertigen Pfeilen
Jedes gut sortierte Bogengeschäft hat die verschiedenen Komponenten zum Pfeilbau und auch fertige oder teilfertige Pfeile immer lagernd.
Wir haben in unserem Laden zum Beispiel immer ein großes Sortiment an Federn, Spitzen, Nocken, Wraps und der gängigsten Schäfte lagernd. In Bezug auf Schäfte sind das bei Holzschäften Fichtenholschäfte in den Durchmessern von 5/16 und 11/32 und in Spinewerten von 30 bis 70 Pfund. Bei Carbonschäften haben wir die Schäfte von Bearpaw im Sortiment und können die Spinewertbereiche von 1600 bis 350 abdecken. Wir haben auch immer eine Auswahl an teilfertigen Pfeilen da, wenn es mal schnell gehen muss und du nicht auf den Bau von Pfeilen warten möchtest.
FAZIT:
Du weißt nun, warum wir nicht irgendwelche Pfeile schießen können, sondern Pfeil, Bogen und Schütze zueinander passen müssen! Wenn du jetzt neugierig bist und den für dich richtigen Pfeil ermitteln möchtest, dann schau dir Teil II unserer Artikelserie »Wie finde ich den passenden Pfeil?« an.
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Daniel Goll
Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Traditionelle Bogenschießen für sich und hat bei zahlreichen Turnieren und Meisterschaften geschossen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogenschützinnen und Bogenschützen bei ihrem Einstieg in das Bogenschießen und dem Erlernen der instinktiven Zieltechnik unterstützt.