Kennst du das auch? Du stehst am Pflock oder an der Schießlinie, nockst den Pfeil ein, greifst die Sehne und verharrst noch einen Augenblick auf das Ziel konzentriert, bevor du ausziehen möchtest. Und dann zack… der Pfeil fällt nach unten von der Sehne weg und liegt vor dir auf dem Boden!
Oder hast du dich schon einmal gefragt, warum es so laut knackt, wenn du den Pfeil auf die Sehne setzt?
In diesem Artikel möchte ich den aus meiner Sicht optimalen Sitz der Nocke auf der Sehne und wie das richtige Tuning in diesem Bereich aussieht, präsentieren! Weiter unten bekommst du dann auch noch eine detaillierte bebilderte Anleitung wie wir vorgehen, um den richtigen Sitz der Nocke zu gewährleisten.
Muss die Nocke unbedingt auf der Sehne einrasten?
Im Traditionellen Bogensport gibt es ja grundsätzlich zwei Arten wie man die Sehne mit mehreren Fingern greifen kann. Auf der einen Seite gibt es den „Mediterranen Griff“, bei dem der Zeigefinger über dem Pfeil und Mittel- und Ringfinger unter dem Pfeil liegen. Daneben gibt es dann noch den Untergriff („3-Under“ oder „Apache-Draw“), bei dem Zeige-, Mittel- und Ringfinger unter dem Pfeil liegen.
Beim Untergriff ist es zwingend notwendig, dass die Nocke sicher auf der Sehne sitzt, da sie beim Auszug nicht festgehalten werden kann. Beim Mediterranen Griff hat man grundsätzlich die Wahl, ob man die Nocke beim Auszug lieber selbst klemmen möchte oder sie in der Sehne einrasten soll.
Die Nocke darf nicht zu stramm auf der Sehne sitzen!
Ungeachtet dessen welchen Griff du bevorzugst gilt eines immer: Wenn die Nocke zu stramm auf der Sehne sitzt, muss sie sich beim Abschuss regelrecht von ihr losreißen. Je mehr Kraft dafür notwendig ist, desto mehr Einfluss hat das auf den Pfeilflug, denn der Losreiß-Impuls beeinflusst die Schwingungsbewegung des Pfeils und kann den sauberen Pfeilflug empfindlich stören. Im Rahmen unseres Artikels »Wie finde ich den passenden Pfeil?« sind wir darauf schon einmal eingegangen.
Idealerweise sitzt die Nocke gerade so stramm auf der Sehne, dass der an der Sehne nach unten hängende Pfeil sich durch einen leichten Schlag mit dem Zeigefinger auf die Sehne von ihr löst. Versuche das mal bei deinen Pfeilen! Löst sich der Pfeil leicht oder musst du fest auf die Sehne schlagen, damit sich die Nocke löst?
In den aller seltensten Fällen passt eine Standard-Sehne genau zu den Nocken die du auf deinen Pfeilen verwendest. Denn eine Anpassung der Sehne an die Nocke erfolgt in der Regel nur bei Custom-Made Sehnen, also bei extra nach deinen Wünschen angefertigten Sehnen. Denn nur hier kann der Sehnenbauer die Mittenwicklung so anfertigen, dass die von dir verwendeten Nocken optimal passen.
Jeder Nockenhersteller legt selbst festlegt, wie der Nockboden von den Maßen her ausgestaltet ist. Es gibt hier leider keinen einheitlichen Standard. Dazu kommen dann natürlich auch noch Produktionsschwankungen, die sich durch das Material und/oder den Fertigungsprozess ergeben.
Was kannst du machen, wenn die Nocke zu leicht oder zu stramm auf der Sehne sitzt?
Es gibt grundsätzlich fünf Möglichkeiten, wie du die für dich optimale Abstimmung von Nocke und Sehne erreichen kannst. Weiter unten findest du dann detaillierte Anleitungen dazu.
- Suche nach Nocken, die sowohl zu deinen Schäften passen, als auch im gewünschten Maß in die Sehne einrasten.
- Bearbeite deine Nocken mit Wärme (heißes Wasser, Wasserdampf und/oder mit dem Heißluftfön) und verforme sie anschließend plastisch durch Zusammen- oder Auseinanderbiegen.
- Bearbeite die Nocke mit einer kleinen Schlüsselfeile und mache sie so weiter.
- Dopple die bestehende Mittenumwicklung im Bereich der Nockposition mit Zahnseide auf, damit die Nocke fester sitzt.
- Entferne die Mittenwicklung und bringe eine neue, exakt auf die Nocke abgestimmte Mittenwicklung an.
Möglichkeit a) ist mit der wenigsten Arbeit verbunden, wenn du die Möglichkeit hast verschiedene Nocks zum Beispiel bei einem Händler durchzutesten.
Die Möglichkeiten b) und c) sind für viele ebenso einfach, da man hierzu kaum Werkzeug benötigt. Nach dem Erwärmen der Nocken ist der Kunststoff elastischer geworden und lässt sich verformen. So kann die Nocke zusammen- oder aufgebogen werden, damit sie gut passt. Falls nötig kann man auch etwas mit der runden Schlüsselfeile nacharbeiten. Allerdings möchte ich – auch aus persönlicher Erfahrung – davor warnen diese Möglichkeiten zu wählen. Es gibt zwar Nockhersteller und Tools, die genau diese Vorgehensweise propagieren und es mag Nockmaterialien geben, bei denen das problemlos funktioniert. Doch möchtest du es riskieren, dass die Nocke beim Abschuss bricht und du einen Leerschuss hinlegst, nur weil das Nockenmaterial durch die Bearbeitung beschädigt wurde? Mit Glück verletzt man sich dabei nicht. Ein Nockbruch ist nämlich nicht ohne.
Die Möglichkeit d) ist eine einfache Methode, um schnell ein Rasten der Nocke zu erreichen, wenn diese zu locker sitzt. Allerdings kann es sein, dass diese Methode nur einige hundert Schuss hält.
Deshalb empfehlen wir immer Möglichkeit e). Dafür ist zwar ein Mittenwicklungsgerät (eine Aufnahme für die Garnrolle mit Führung und Bremse) nötig, die Ergebnisse sind jedoch wesentlich besser, gleichmäßiger und die Stabilität der Nocke wird in keiner Weise beeinträchtigt.
Je nach verwendetem Sehnengarn und Zahl der Stränge benötigst du unter Umständen ein anderes Mittenwicklungsgarn. Es extra für die individuelle Anpassung des Mittenwicklungsdurchmessers unterschiedlich starke Garne. Wir verwenden in der Regel diese drei verschiedenen Garne und können so alle unsere Sehnen an die Nocken, die wir im Sortiment haben, perfekt anpassen:
- BCY 400 Nylon Multifilament End Serving
(Stärke .017“) - BCY No. 62 Braided Center Serving
(Stärke .021“) - Bearpaw Super Mittenwicklungsgarn 025
(Stärke: .025“)
In ganz seltenen Fällen kann es sein, dass zusätzlich zu einem dicken Mittenwicklungsgarn noch weitere Stränge Sehnenmaterial eingelegt werden müssen, weil der Durchmesser der Mittenwicklung immer noch zu klein für die verwendeten Nocken ist. Bei 14-16 Strang FF-Sehnen, 8-12 Strang Dacron-Sehnen oder der Bearpaw Whisper String 8/10 Strang kommt das meist nicht vor.
Anleitungen / Tutorials
Plastisches Verformen der Nocken (Zusammenbieten/Aufbiegen)
Achtung: von uns nicht empfohlen!
1. Schritt:
Mittenwicklungsdurchmesser im Bereich des Nockpunktes mit einer Schieblehre messen und notieren.
2. Schritt:
Geeigneten Gegenstand suchen, der in etwa den Durchmesser der Mittenwicklung hat und den man zum Aufbiegen der Nocke verwenden kann oder der als Begrenzung beim Zusammenbiegen dient.
3. Schritt:
Nocke in heißem Wasser oder über Wasserdampf erwärmen.
4. Schritt:
Nocke mit dem in Schritt 2 ausgewählten Gegenstand aufbiegen oder falls die Nocke zu weit ist, mit den Fingern zusammendrücken und dann mit dem gewählten Gegenstand wieder auf das gewünschte Maß aufbiegen.
5. Schritt:
Testen, ob die gewünschte Klemmwirkung erreicht ist und Schritte gegebenenfalls wiederholen.
Weiten der Nocken mit einer Schlüsselfeile
Flanken der Nocken mit einer Schlüsselfeile leicht abfeilen und immer wieder Sitz der Nocke testen. Vorgang solange wiederholen, bis die gewünschte Klemmung erreicht ist.
Aufdoppeln der Mittenwicklung im Bereich des Nockpunktes mit Zahnseide
1. Schritt:
Ein etwa 10-15 cm langes Stück Zahnseide direkt unterhalb des Nockpunktbegrenzers mittig mit einem einfachen Knoten fixieren.
2. Schritt:
Zahnseide um die Mittenwicklung wickeln und währenddessen immer wieder testen, ob die Klemmung ausreicht.
3. Schritt:
Wenn gewünschte Klemmwirkung erreicht ist, wird das Ende der Zahnseide erneut verknotet und mit einem Punkt Sekundenkleber fixiert.
4. Schritt:
Die weiße Zahnseide kann jetzt noch mit einem schwarzen Filzstift farblich an die Mittenwicklung angepasst werden.
Vollständiges Erneuern und Anpassen der Mittenwicklung
1. Schritt:
Position des Nockpunktbegrenzers mit einem Checker messen und notieren.
2. Schritt:
Nockpunktbegrenzer entfernen. Hierzu eignet sich die TopHat-Zange perfekt, da sie über eine „Öffnungsfunktion“ verfügt.
3. Schritt:
Anfangs- und Endposition der Mittenwicklung markieren oder messen und notieren, damit die Mittenwicklung später wieder exakt so angebracht werden kann.
4. Schritt:
Mittenwicklung durch vorsichtiges Einschneiden mit einem Cuttermesser oder einer Rasierklinge öffnen und anschließend nach und nach von der Sehne lösen.
5. Schritt:
Gewünschte Position der neuen Mittenwicklung mit einem Filzstift markieren. Dazu kann entweder das in Schritt 3 ermittelte Maß oder eine eventuell vorgenommene Markierung auf der Sehne verwendet werden. Alternativ kannst du auch +/- 10 cm zur 90°-Linie entsprechende Markierungen anbringen.
6. Schritt:
Teste welches Mittenwicklungsmaterial passen könnte, indem zu es mehrmals straff um die Sehne wickelst und dann mit einer deiner Nocken testest.
7. Schritt:
Mittenwicklung an der „oberen“ Markierung auf der Sehne beginnen, indem du das Anfangsstück des Mittenwicklungsgarns mehrfach (5-10 mal) überwickelst. Bei Rechtshandbögen wickelt man „über die Sehne“, bei Linkshandbögen „unter der Sehne durch“. So wird gewährleistet, dass die Mittenwicklung beim Kontakt zum Armschutz o.ä. sicht zuzieht und nicht öffnet.
8. Schritt:
Jetzt das Überwickelte Anfangsstück abschneiden und ca. 1-2 cm weiter wickeln.
9. Schritt:
Teste jetzt, ob die gewünschte Klemmung erreicht wird und justiere das Mittenwicklungsgerät falls nötig nach. Wenn die Klemmung zu stark ist, muss die Bremse stärker eingestellt werden. Ist die Klemmung zu locker, muss die Bremse gelockert werden. Lässt sich auch durch Lockern keine Klemmung erzielen, muss die Wicklung wieder entfernt werden und die Schritte mit einem stärkeren Mittenwicklungsgarn wiederholt oder Sehnenstränge zusätzlich untergelegt werden.
10. Schritt:
Solange weiterwickeln, bis ca. 5mm vor der unteren Markierung auf der Sehne.
11. Schritt:
Jetzt eine Schlaufe aus Sehnenmaterial einlegen und überwickeln. Die Schlaufe wird verwendet um das untere Ende des Garns durch „Durchziehen“ zu fixieren.
12. Schritt:
Durchgezogenes Ende abschneiden und sowohl Anfangs- als auch Endstück des Mittenwicklungsgarns mit einem Feuerzeug vorsichtig abflammen.
13. Schritt:
Nockpunktbegrenzer wieder so anbringen, wie bei Schritt 1 notiert.
Egal für welche der fünf Möglichkeiten du dich entscheidest, das Ergebnis sollte immer ein für dich perfekt passender Sitz der Nocke auf der Sehne sein. Und jetzt… viel Spaß beim ausprobieren!
Du hast Anmerkungen oder Fragen?
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Jürgen Goll
Vor vielen Jahren hat er die Liebe zum Traditionellen Bogenschießen entdeckt und gibt schon seit fast 15 Jahren Kurse im instinktiven Bogenschießen. Er ist der Inhaber des Bogenladen Collenberg und dein Ansprechpartner für alles rund um das Traditionelle Bogenschießen.