„Wer trifft hat recht!“ – Hast du diesen Satz auch schon einmal im Zusammenhang mit nicht ganz zum „Lehrbuch“ passender Schießtechnik gehört?
Ich sage dazu ganz verkürzt immer nur… „wer trotzdem trifft, sollte Lottospielen anfangen!“ – Zugegeben, das ist vielleicht etwas reißerisch und provokant formuliert und du magst wahrscheinlich denken: „Was soll denn dieser Quatsch jetzt?“ oder „Man kann auch anders schießen und trotzdem treffen!“ und „Was hat das mit Lottospielen zu tun?“.
Bevor ich aber auf deine berechtigten Einwände eingehe, lass‘ uns doch zunächst mal schauen, woran man eine solche „nicht zum Lehrbuch passende“ Technik erkennt.
Eine nicht optimale Technik (um nicht zu sagen „falsche“ Technik) erkennt man daran, dass einer der folgenden vier größten Fehler beim Bogenschießen begangen werden:
1. Kein Nachhalten nach dem Lösen
Im Idealfall hältst du den Bogen nach dem Lösen noch einige Augenblicke oben, verfolgst den Pfeilflug und Einschlag im Ziel und erst dann geht die Bogenhand runter. Das hilft nicht nur deinem für die instinktive Zieltechnik verantwortlichem Unterbewusstsein beim Verarbeiten und Speichern der Informationen, sondern verhindert auch ein versehentliches Ablenken des Pfeils.
Leider sieht man oft, dass die Bogenhand und damit der Bogen schon kurz nach dem Lösen regelrecht nach unten, links oder rechts gerissen wird und der Pfeilflug nicht verfolgt wird. Ein dauerhaftes konstantes Treffen ist so nicht möglich.
2. Schießen ohne Rückenspannung
Eine gute Rückenspannung und deren Aufrechterhaltung bis der Pfeil sauber den Bogen verlassen hat, ist bei der Schießtechnik für das Bogenschießen das A und O.
Durch die Rückenspannung wird sichergestellt, dass der Auszug immer gleich ist und der Körper nach dem Lösen stabil bleibt und nicht förmlich in sich zusammensackt. Bei richtiger Rückenspannung geht die Zughand nach dem Lösen von alleine – nicht aktiv – nach hinten in Richtung Schulter.
Man sieht bei vielen Schützen eher, dass die Zughand im Gesicht verbleibt oder sogar nach vorne oder zur Seite geht. Das ist ein Indiz für zu geringe oder keine Rückenspannung und führt zu einer größeren Streuung im Trefferbild und zu seitlichen Trefferabweichungen.
3. unterschiedliche Ankerpunkte
Der Ankerpunkt ist der wichtigste Referenzpunkt der Zughand und wichtig für eine konstante Auszugslänge, Ruhe im Abschuss und damit ein konstantes Trefferbild.
Fliegende Anker, mehrere Ankerpunkte im Gesicht oder auch abwechselnd tiefe und flache Haken beim Ankern sind ebenfalls Ursachen für eine große Streuung im Trefferbild.
4. unterschiedlicher Stand und Körperhaltung
Auch beim Stand, Körperhaltung und Kopfhaltung ist Konstanz das Wichtigste. Denn je nach Stand und Körperhaltung variiert die Auszugslänge etwas.
Daher sollte man sich für einen Stand und eine bestimmte Körperhaltung entscheiden. Es empfiehlt sich der parallele Stand, da es bei diesem am einfachsten ist, ihn zu reproduzieren. Selbstverständlich muss er beim Schießen im Gelände jeweils an die Gegebenheiten angepasst werden – aber das sollte sich von selbst erklären!
Schützen die mal mit offenem, mal mit geschlossenem oder parallelem Stand schießen, werden – wie auch bei anderen Fehlern in der Schießtechnik – mit Streuungen im Trefferbild zu kämpfen haben.
Was ist jetzt aber so schlimm an diesen Fehlern, wenn man doch gut und regelmäßig trifft?
Eigentlich nichts… man kann auch mit oder trotz dieser Fehlern treffen. Einige schießen auch wirklich gut. Und daher kommt auch der eingangs genannte Satz „Wer trifft hat recht“.
Die meisten Bogenschützen und -schützinnen bemerken dabei leider nicht, wie schleichend und zugleich brutal destruktiv sich die vier Fehler über die Zeit auf ihr Schießen auswirken.
Ich habe schon viele Bogenschützen über einen längeren Zeitraum beobachtet (inklusive meiner eigenen Person) und gesehen, wie stark sich diese Fehler mit der Zeit auf deren Schießen ausgewirkt haben. Anfangs läuft alles wie von alleine, egal was sie machen – sie treffen (fast) immer. Dann kommt ein Punkt an dem die Leistung langsam abnimmt. Es klappt nicht mehr so. Die Fehler werden im Material, dem Wetter, dem schlechten Tag gesucht. Ab und zu geht es dann wieder besser. Man ist erleichtert – um kurz darauf festzustellen, dass man wieder schlechter wird.
Unser Unterbewusstsein kann sich auf vieles einstellen und auch viele Fehler ausgleichen, wenn sie nur oft genug und identisch gemacht wurden. Doch sollten wir uns darauf verlassen und rechtfertigt das, es nicht zu versuchen die Fehler dauerhaft abzustellen?
Ich sage ganz klar: Nein! – Du solltest Fehler direkt bei deren Erkennen ausmerzen und durch idealere, konstantere Abläufe ersetzen. Dabei soll dir die oben genannte Liste der vier größten Fehler helfen.
Optimierung ist ja der Kern jedes Trainings, egal ob im Sport oder auf anderen Gebieten. Beim Bogenschießen gibt es diverse Bereiche in denen optimiert werden kann. Das größte und meist am wenigsten ausgeschöpfte Potential liegt beim Schützen selbst und seiner Schießtechnik – auch beim Traditionellen Bogenschießen!
Was hat das alles aber mit Lottospielen zu tun?
Bei allem Schlechten an den genannten vier Fehlern, gibt es auch etwas positives an ihnen. Die Konstanz im Fehler. Diese sorgt auch bei suboptimaler Schießtechnik erst einmal dafür, dass das Schießen und Treffen gleich (gut) bleibt. Bei einigen hält diese Phase sehr lange an – ein Glücksfall!
Auf dieses Glücksspiel würde ich mich aber beim Bogenschießen nicht verlassen. Die vermeintliche Glückssträhne wird früher oder später definitiv zu Ende gehen – ich habe genau das schon selbst erlebt und bei vielen anderen Schützen beobachtet. Die Chance langfirstig in diesem „Spiel“ zu Gewinnen ist geringer als 1:140 Millionen, eher gleich null. Daher macht es mehr Sinn Lotto spielen zu gehen, als weiter sehenden Auges mit einer nicht optimalen Schießtechnik zu schießen oder nicht?
Meine Empfehlung: Pack‘ es an!
Über Jahrzehnte und Jahrhunderte haben sich im Bogenschießen durch Übung, Training und Praxis Erkenntnisse zu Abläufen und Techniken entwickelt, die schon von vielen bekannten und berühmten Autoren niedergeschrieben wurden. Die Orientierung und Einhaltung dieser allgemeinen Erkenntnisse, die man auch unter „Schießen nach Lehrbuch“ zusammenfassen könnte, machen es dir sehr leicht viel konstanter und langfristig besser zu schießen. Und das ganz ohne den Einfluss von Glück und Zufall, sondern durch Training und Optimierung.
Natürlich ist dieser Weg beschwerlich. Und ja, du wirst dein Denken und auch deine Art zu Schießen und Trainieren umstellen müssen. Vielleicht schießt du auch zu Beginn des Veränderungs-/Verbesseungsprozesses erst einmal etwas schlechter als zuvor. Aber nach einigen Wochen/Monaten wirst du auf die Umstellung zurückblicken und dir denken „Gut, dass ich das damals gemacht habe. Ich schieße heute besser als jemals davor!“
Du kennst sicher auch den Satz: „lache nie über jemanden der Rückwärts geht, denn er könnte auch Anlauf nehmen!“ Genau so ist das beim Bogenschießen – du gehst zwei Schritte zurück, um dann richtig durchstarten zu können!
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Daniel Goll
Bereits vor über 20 Jahren entdeckte er das Traditionelle Bogenschießen für sich und hat bei zahlreichen Turnieren und Meisterschaften geschossen. Über die Jahre hinweg hat er viele Bogenschützinnen und Bogenschützen bei ihrem Einstieg in das Bogenschießen und dem Erlernen der instinktiven Zieltechnik unterstützt.